Mordsweiber
Clutch-and-crime




Die Wölfin 

Das Buch erscheint Ende des Jahres. Bis dahin werde ich alle zwei Wochen ein bis zwei Kapitel einstellen.





Das Haus

Frau Maienbacher-Hohenfels durchsuchte die Immobilienanzeigen im Internet. An einer blieb sie hängen. Das Bild eines Hauses, ländlich gelegen, das zum Verkauf stand, weckte Erinnerungen. Die Telefonnummer darunter kam ihr bekannt vor. Sie scrollte durch die Telefondatei Ihres Handys. Die Nummer war nicht gespeichert. Sie kramte ihr altes Notizbuch raus, blätterte und fand den Namen. Marlies Schön, eine ehemalige Schulfreundin. Die Polizeirätin spöttelte:" Nomen nihil Omen." Deutlich hatte sie das Mausgesicht von Marlies vor Augen, die dünnen Haarsträhnen, den knabenhafte Körper. Eine Zeitlang hatte sie nach der Abiturfeier noch Kontakt gehalten. Doch ihre Karriere führte sie von der Lebenssituation ihrer Freundin weit weg. Marlies war eine kleine Angestellte im Bürgeramt, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagierte und bei ihren Eltern wohnte. Ich bezweifle, dachte Frau Maienbacher, dass sich an deiner Lebenssituation irgendetwas geändert hat. Vermutlich hast du auch nicht geheiratet.
Frau Maienbacher las noch einmal das Inserat. Die Adresse, zu der das Haus gehörte, war das Elternhaus ihrer ehemaligen Schulfreundin. Ein Glücksfall, freute die Polizeirätin sich, meine gute Freundin wird es mir gewiss auch zur Miete überlassen.
Sie tippte die Nummer ins Telefon und war optimistisch, durch den Anruf ihr Problem lösen zu können.
"Marlies! Ich bin's, Adelheid Maienbacher."
"Wer?"
"Erinnere dich. Marien-Gymnasium. Durch dick und dünn bis zur letzten Klasse."
"Du hast Karriere gemacht." Die Stimme am anderen Ende klang säuerlich. "Bist Polizeirätin. Stecke ich etwa in Schwierigkeiten?"
"Im Gegenteil. Ich habe im Internet gelesen, dass du euer Haus verkaufen willst. Darf ich den Grund wissen?"
"Du weißt, dass mein Vater schon vor Jahren verstorben ist. Jetzt ist meine Mutter ins Pflegeheim gekommen. Ich benötige das Geld dringend. Davon abgesehen, ist das Haus für mich alleine zu groß."
"Alleine", hakte die Polizeirätin nach. "Du hast nicht geheiratet."
"Ist mir erspart geblieben", trotzte es am anderen Ende des Telefons.
Oder einem Mann, dachte Frau Maienbacher. "Wo wohnst du jetzt?"
"Ich habe eine Stelle in einer größeren Stadt bekommen und eine hübsche Wohnung."
"In welcher Stadt?"
"Irgendwo im Norden."
"So geheimnisvoll?", spöttelte die Polizeirätin. "Machst du dort auch den gleichen Job", forschte sie nach, "oder hast du dich verbessert?"
"Adelheid, willst du das Haus kaufen?" Ungeduld in der Stimme.
"Nein. Aber würdest du es auch für drei Monate vermieten?"
"An dich?"
"Ich muss meinen Kriminalhauptkommissar loswerden."
"Da kann ich dir nicht helfen. Bei deiner Arbeit kennst du bestimmt die richtigen Leute für eine solche Aufgabe."
Für einen Moment war Frau Maienbacher-Hohenfels irritiert. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich jemanden beauftragen würde, sich speziell um meinen Kommissar zu kümmern?"
"Keine Sorge, ich verrate dich nicht. Dieses Gespräch hat nie stattgefunden."
"Seit wann bist du witzig?" Frau Maienbachers Lachen klang gequält. "Also, bevor du mich anzeigst, lass mich erklären. Kommissar Kranski hat sich einer Verdächtigen gegenüber unsensibel verhalten und zugelassen, dass ein Untergebener die Frau geschlagen hat."
"Ach so."
"Ich sehe mich gezwungen, ihm eine Auszeit zu verpassen." Sie legte eine Pause ein. Dann fuhr sie träumerisch fort: "Ich werde seinen Anblick vermissen. Ein bildschöner Kerl. Erotik pur. Ich schaue ihm nach, wenn er den Flur entlanggeht. Panthergang, der laszive Einsatz seiner Hüften, was bei mir ..."
"Adelheid, komm zur Sache."
Frau Maienbacher-Hohenfels riss sich zusammen. "Du hast recht. Herr Kranski ist ein Macho, renitent und sein eigener Gesetzgeber. Es wird Zeit, ihm einen Denkzettel zu verpassen. Der Ort, wo euer Haus steht, ist ideal um ihn zur Besinnung zu bringen. Ich verbanne ihn dorthin, wenn du einverstanden bist."
Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann zögerlich: "Ein Hauptkommissar. Das könnte hilfreich sein."
"Wobei hilfreich?" Frau Maienbacher wurde misstrauisch.
"Wie viel Miete würdest du zahlen?", überhörte die Angerufene die Frage.
"Eintausend Euro monatlich, kalt." Frau Maienbacher schöpfte Hoffnung.
"Soviel!"
"Geht auf Staatskosten. Du schickst mir den Mietvertrag und ich überweise das Geld."
"Können die Möbel meiner Mutter bleiben? Jedes Porzellanfigürchen steht noch an seinem Platz."
"Wunderbar! Kommissar Kranski wird es lieben", amüsierte die Polizeirätin sich.
"Die Stromleitungen sind veraltet", erläuterte ihre Gesprächspartnerin. "Der Kühlschrank funktioniert. Aber der Herd ist mit Vorsicht zu bedienen."
"Keine Sorge. Herr Kranski kocht nicht. Und hin und wieder ein leichter Stromschlag, wer weiß, wozu es gut ist."
"Rachsüchtig? Mochtest es noch nie, wenn ein Mann sich dir nicht unterordnet. Trotzdem, warne ihn. Versprich es und das Geschäft ist perfekt."
Frau Maienbacher-Hohenfels legte auf. Zutiefst zufrieden dachte sie, warnen? Pah! Er ist Hauptkommissar. Soll er die häuslichen Täter selber aufspüren.